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Weitere unmenschliche Verschärfung im Kanton Baselland

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft legte am Mittwoch einen Gesetzesentwurf zur geplanten Teilrevision des Sozialhilfegesetzes vor, mit dem von schweizweit geltenden Grundprinzipien der Sozialhilfe auf essentielle Weise abgewichen werden soll. Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS und AvenirSocial sind höchst besorgt und appellieren schon heute an Landrat und Regierungsrat, von der Vorlage abzusehen.

  

Nach vielen bereits erfolgten Verschärfungen soll im Kanton Basel-Landschaft schon der nächste massive Einschnitt folgen. Mit der regierungsrätlichen Vorlage soll nun auch der Grundbedarf auf einem Rekordtief festgelegt werden können. Dies obschon die geltende Rechtslage und die Praxis im Kanton Basel-Landschaft schon heute zu einer äusserst restriktiven Praxis bei der Gewährung von Sozialhilfe geführt haben. So fehlen in der bestehenden Gesetzgebung des Kantons, im Gegensatz zu den meisten anderen Kantonen, Hinweise auf die im Rahmen der Sozialhilfe zu berücksichtigenden Grundrechte und verwaltungsrechtlichen Grundprinzipien. Ebenso fehlen Hinweise zur Beachtung des sozialen Existenzminimums oder zur Wahrung der Mitspracherechte von SozialhilfebezügerInnen. «Nachdem das Sozialhilfegesetz erst 2016 revidiert worden war, erscheint eine erneute schwerwiegende Verschärfung falsch», sagt Juristin Zoë von Streng von der Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht UFS. Auch, weil sie gänzlich ohne vorgängige, gründliche Analyse der Situation der von Armut betroffenen Menschen erfolgt.

«Die Revisionsvorlage bringt keine Entschärfung, sondern eine weitere unmenschliche Verschärfung der bereits angespannten Situation in der Sozialhilfe», sagt Annina Grob, Co-Geschäftsleiterin von AvenirSocial. Das vorgeschlagene System wird zudem zu einer enormen Aufblähung der administrativen Aufwände der Sozialdienste führen. AvenirSocial und die UFS werden zur Revisionsvorlage im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens detailliert Stellung beziehen. Beide Verbände appellieren aber schon heute an Landrat und Regierungsrat, von der Vorlage abzusehen.

In den Kantonen Zürich und St. Gallen hatte der fast identische SVP-Vorstoss «Motivation statt Sanktion» und die damit geforderte massive Verschärfung der Sozialhilfegesetzgebung keine Chance. «Mit den vorgeschlagenen Kürzungen würde das soziale Existenzminimum massiv unterschritten» argumentierte der Regierungsrat des Kantons Zürich[1]. «Die Motion würde eine grundlegende Neuausrichtung der Sozialhilfe bedeuten und zahlreiche Grundsatzfragen aufwerfen». Es stellt sich auch die Frage nach der «Wahrung der Rechtsgleichheit». Auch der aargauische Regierungsrat äusserte tiefe Besorgnis: Ein solcher Systemwechsel führe zu «grosser Rechtsunsicherheit und Willkür». Aus Sicht der St. Galler Regierung. [2] sei es fraglich, ob das verfassungsmässige Recht auf Hilfe in Notlagen gewährt bleibe».

AvenirSocial ist der Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz und vertritt die Interessen der Fachpersonen mit einer tertiären Ausbildung in Sozialer Arbeit. Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht (UFS) bietet in der gesamten Deutschschweiz unentgeltliche Rechtsberatungen an. Die Nachfrage ist dabei derart gross, dass die UFS über ihrer Kapazitätsgrenze arbeitet – und dennoch einen Teil der Anfragen ablehnen muss. Beide Organisationen nehmen auf Seiten der Betroffenen in der Praxis zunehmend Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit sowie Vereinsamung wahr. Immer häufiger werden Betroffene während der Abhängigkeit von Sozialer Hilfe psychisch krank. Und immer öfter melden sich Sozialhilfeempfänger trotz fortdauernder Mittellosigkeit von der Sozialhilfe ab. Rund ein Drittel aller Armutsbetroffenen verzichten zudem trotz Anspruch auf Unterstützung das Sozialamt. Die Folge ist bitterste Armut.

 

Regierungsrat Zürich, Auszug aus dem Protokoll vom 19.12.2018

St.Galler Tagblatt vom 09.04.2019

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