
Engagement
Drei Fälle – ein Ziel: Die Situation von Armutsbetroffenen verbessern.
Das Ziel der UFS ist ein bescheidenes: Armutsbetroffene Menschen in der Schweiz sollen diejenige Unterstützung erhalten, die ihnen von Rechts wegen zusteht. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Manche Sozialdienste sehen dies nicht so. Sie kürzen Sozialhilfebeziehenden die Leistungen ohne über eine dafür notwendige gesetzliche Grundlage zu verfügen. Damit bringen sie auch die vielen anderen Sozialdienste in Misskredit, die tadellos arbeiten und die sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass Armutsbetroffene wieder Tritt in der Gesellschaft finden können. Mit den folgenden drei Fällen schaffen wir einen kleinen Einblick in die vielfältige Beratungspraxis der UFS.
Fall 1: Wenn eine Badewanne zur Waschmaschine werden soll
«Die Wäsche wird von Hand in der Badewanne gereinigt und zum Trocknen am Wäscheständer im Keller aufgehängt.» So stand es in der Hausordnung einer Notunterkunft in der Gemeinde X. Eine Mutter musste mit ihren zwei minderjährigen Kindern in diese Notunterkunft ziehen, da sie ihre Wohnung verloren hatte. Sie wandte sich nicht nur wegen der fehlenden Waschmaschine an die UFS, sondern auch, weil die Notunterkunft auch sonst ziemlich desolat war:
- In einem Zimmer funktionierte die Heizung nicht.
- Die Zimmertüren liessen sich genauso wenig abschliessen wie die Badezimmertüre.
- Es lag kein Brandschutznachweis vor.
- Der Kühlschrank war für sieben Personen zu klein.
Und auch das Warmwasser war nicht üppig bemessen, hielt doch die Hausordnung unter Punkt «Morgentoilette» fest: «5 Minuten duschen sollten für die Körperpflege ausreichen, damit für alle genügend Warmwasser vorhanden ist.».
Die UFS-Rechtsberatung machte sich vor Ort mit den Zuständen in der Notunterkunft vertraut, setzte sich mit dem zuständigen Sozialdienst in Verbindung, forderte Verbesserungen und unterbreitete pragmatische Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel mit Hinweisen auf kostengünstige Waschmaschinen. Der Sozialdienst schätzte die «Einmischung» der UFS nicht. Verschiedene E-Mails gingen hin und her, so etwa mit folgendem Inhalt: «Wir wären ihnen sehr verbunden, wenn Sie unsere Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen.» Das beeindruckte die UFS-Rechtsberatung wenig. Der Sozialdienst musste sich wohl oder übel mit den berechtigten Forderungen der UFS befassen. Die Hartnäckigkeit des Rechtsberatungsteams wirkte. Plötzlich ging es vorwärts mit den nötigen Verbesserungen. Heute sieht die Situation deutlich besser aus:
- Die Notunterkunft verfügt nun über eine Waschmaschine und sogar über einen Tumbler, so dass die Badewanne uneingeschränkt zum Baden oder Duschen genutzt werden kann.
- Die Schlafzimmer und das Badezimmer können abgeschlossen werden.
- Die defekte Heizung ist repariert worden.
- Eine Brandschutzexperte hat schriftlich bestätigt, dass sechs Personen in der Notunterkunft wohnen dürfen.
Nur der Kühlschrank ist immer noch zu klein. Entsprechend bräuchte es einen zweiten Kühlschrank. Das Problem wird zwar auch vom zuständigen Sozialdienst nicht bestritten, aber lösen will er es nur mit zusätzlichen Kühlboxen für die Lebensmittelhaltung auf dem Balkon. Kopf schütteln erlaubt.
Fall 2: Lebenslange Armut verhindern
Die Klientin war verzweifelt. Der Sozialdienst Y wollte sie zwingen, ab dem 59. Altersjahr das angesparte Freizügigkeitskapital zu beziehen. Sie sollte drei Jahre davon leben. Die Folgen einer solchen Handlung wären fatal gewesen: Die Klientin wäre auf eine lebenslange Armut zugesteuert, da sie vom ersten Tag des ordentlichen AHV-Alters auf Ergänzungsleistungen angewiesen gewesen wäre. Auch der ihr dannzumal zustehende Freibetrag von 30'000 Franken wäre aufgebraucht gewesen. Eine UFS-Rechtsberaterin und ein UFS-Rechtsanwalt zeigten der Frau auf, dass die Forderung des Sozialdienstes auf tönerenen Füssen stand, und halfen ihr beim Rekurs. Mit Erfolg: Der Sozialdienst sah ein, dass er auf verlorenem Posten war, und zog die Forderung zurück. Das überrascht eigentlich nicht, denn bereits wenige Jahre zuvor war ein Rekurs in der gleichen Sache in derselben Gemeinde durch das Verwaltungsgericht vollumfänglich gutgeheissen worden. Die Klientin war überglücklich und schrieb der UFS-Rechtsberatung: «Ich bedanke mich für absolut alles».
Für die UFS-Rechtsberatung war der Fall damit jedoch noch nicht beendet. Denn mit der Einreichung des Rekurses verlangte der UFS-Rechtsanwalt, dass die Gemeinde die Kosten für die unentgeltliche Rechtsvertretung zu übernehmen habe, wie das in solchen Fällen üblich ist. Diese Forderung wurde von der Gemeinde Y. schroff zurückgewiesen. Sie schrieb unter anderem, die Klientin hätte auch ohne Rechtsbeistand handeln können. Zudem sei der UFS-Rechtsanwalt nicht im Anwaltsregister des entsprechenden Kantons eingetragen. Das Verwaltungsgericht sah den Sachverhalt anders und sprach der Klientin eine Parteientschädigung zu, die in etwa den Kostenaufwand des UFS-Rechtsanwaltes deckte. Der Fall zeigt exemplarisch, wie die UFS oft um jeden Rappen für ihren Aufwand kämpfen muss.
Fall 3: Ein kleiner Betrag mit grosser Wirkung
30 Franken pro Monat mehr oder weniger – das ist für die meisten Menschen in der Schweiz keine matchentscheidende Differenz. Für Sozialhilfebeziehende aber ist es ein grosser Betrag. So auch für den Klienten A. in der Gemeinde B. Der Sozialhilfebeziehende A. hatte (und hat noch immer) eine 15 Prozent-Anstellung. Der Sozialdienst gewährte ihm auf dem geringen Einkommen einen Freibetrag von 70 Franken. Der Rest wurde bei der Berechnung der Sozialhilfe in Abzug gebracht.
A. wendete sich an die Rechtsberatung der UFS, welche den entsprechenden Passus anhand der Weisung der Sicherheitsdirektion zur Anwendung der SKOS-Richtlinien überprüfte. Und siehe, da steht, dass sich der kleinste Einkommensfreibetrag im Kanton Zürich auf 100 Franken pro Monat zu belaufen habe. Darunter dürfe nicht gegangen werden. Die UFS-Rechtsberaterin schickte dem Klienten diese Weisung, welcher sie seiner Sozialarbeiterin weiterleitete. Die Gemeinde verwies daraufhin auf ihr eigenes, internes Handbuch, wonach der kleinste Freibetrag 70 Franken betrage. Eigentlich, argumentierte die Gemeinde, würde der Freibetrag in seinem Fall wegen des geringen Anstellungsgrades sogar bei nur 60 Franken liegen. Man sei aber aufgrund des Mindest-Freibetrags grosszügig. Die UFS-Rechtsberaterin half dem Klienten daraufhin, eine rechtlich fundierte E-Mail an den Sozialdienst zu verfassen. Denn der Kanton hat diese Frage abschliessend geregelt und die Gemeinden haben keinen Spielraum, davon abweichend tiefere Mindest-Einkommensfreibeträge festzulegen. Die Leitung des Sozialdienstes gestand daraufhin ein, dass die Sicherheitsdirektion hier die Interessen offenbar anders gewichte, und erhöhte den Einkommensfreibetrag um die nötigen 30 Franken. Die zu tiefen Freibeträge in den Vormonaten wurden rückwirkend vergütet. Für den Sozialhilfebeziehenden sah die Welt nun schon ziemlich anders aus, während der Sozialdienst die 30 Franken kaum im Budget spüren dürfte.